Paul Bonatz 1877-1956

Leben und Bauen zwischen Neckar und Bosporus 

26. März bis 22. Mai 2011 

Paul Bonatz ist einer der einflussreichsten deutschen Architekten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Schüler, Assistent und schließlich Nachfolger des Stuttgarter Professors und Urvaters der Moderne, Theodor Fischer, stand er schon vor dem Ersten Weltkrieg in der ersten Reihe der Reformer. Er ist Hauptvertreter der »Stuttgarter Schule«, die international als gemäßigter Gegenpol zur avantgardistischen Moderne wahrgenommen wurde. 

Lange stand Bonatz' Traditionalismus und seine ambivalente Haltung zum Nationalsozialismus seiner Würdigung im Wege. Obschon er als Brückenbauer eine einflussreiche Position beim Autobahnbau innehatte, kritisierte er den Gigantismus der Speerschen Planungen und emigrierte 1944 in die Türkei. Seine an Bautradition und Landschaftsbezug orientierte Architektur gewinnt erst heute wieder im Kontext einer kritischen Revision der Moderne neue Aktualität. Die Kunsthalle Tübingen präsentiert nun als zweite Station nach dem Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt die wissenschaftlich erarbeitete und sorgsam zusammengestellte, erste umfassende Bonatz-Retrospektive. 

Zahlreiche originale Pläne, Zeichnungen, alte Fotos und neu gebaute Modelle dokumentieren das umfangreiche Lebenswerk des Architekten, das neben technischen Bauwerken und Großbauten auch behagliche Wohnhäuser umfasst. Zu sehen sind etwa die Sektkellerei Henkell in Wiesbaden (1907-1909), die Universitätsbibliothek in Tübingen (1910-1912), die Stadthalle in Hannover (1910-1914), die Neckarstaustufen zwischen Stuttgart und Heidelberg (1927-1933), der Zeppelinbau in Stuttgart (1919-1931), das Kunstmuseum in Basel (1932-1936), die Oper in Ankara (1947-1948) und auch nicht realisierte Entwürfe, so eine Markthalle für Stuttgart (1910) oder eine Brücke über den Bosporus (1951/52). 

Im Zentrum der Ausstellung steht freilich Bonatz' Hauptwerk, der Stuttgarter Hauptbahnhof (1911-1927). So bietet die Ausstellung eine breite Grundlage für eine Diskussion um den Denkmalwert dieses Monumentalwerks der klassischen Moderne, der durch den Teilabriss im Zuge der Planungen für Stuttgart 21 in Frage gestellt wird.

 

 

ÖFFNUNGSZEITEN 

Täglich (außer Montag) 

11.00 bis 18.00 Uhr 

Dienstag 

11.00 bis 19.00 Uhr 

 

EINTRITTSPREISE 

Regulär: 7 € Ermäßigt: 5 € Schüler: 3 € 

 

FÜHRUNGEN 

Öffentliche Führungen 

Samstag, 15.00 Uhr Teilnahmegebühr pro Person: 2,50 € zzgl. Eintritt 

Führungen nach Voranmeldung 

Dienstag bis Freitag: 50 € Samstag, Sonn-und Feiertag: 60 € Telefon 07071 / 96 910 (vormittags) 

Führungen für Schulklassen 

(45 Min.): 38 € zzgl. Eintritt mit Kunstpraxis (90 Min.): 55 € zzgl. Eintritt und Materialkosten 

 

BEGLEITPROGRAMM 

 

Samstag, 26. März, 16 Uhr 

Stuttgart 21 oder Kopfbahnhof 21? Vortrag von Peter Conradi 

Der Architekt und Ex-MdB erläutert den Streit um den Hauptbahnhof Stuttgart. Teilnahme 2,50 €, zzgl. Eintritt 

 

Samstag, 9. April, 8.15 Uhr Abfahrt Tübingen Hauptbahnhof, 10 Uhr Abfahrt Stuttgart Hauptbahnhof 

Mit Volldampf für Bonatz. Tübingen - Stuttgart - Tübingen mit der Dampflok

Die Fahrt mit der Zollernbahn führt von Tübingen zum Hauptbahnhof Stuttgart. Nach einer Architektur-und Bauzaunführung geht es zurück nach Tübingen, wo der Oberbürgermeister Boris Palmer begrüßt. Nach Besichtigung der Tübinger Universitätsbibliothek und der Bonatz-Ausstellung folgt zum Abschluss die Podiumsdiskussion »Zum Schweigen der Denkmalpflege beim Projekt Stuttgart 21«. Preis pro Person 75 €, Buchung bei der Agentur für Kunstvermittlung, Ulrich Weitz, www.reisen-kunstvermittlung.de, Tel.: 0049-711-7657184, Kennziffer KT 72 

 

Samstag, 9. April, 16 Uhr 

Zum Schweigen der Denkmalpflege beim Projekt »Stuttgart 21« 

Gespräch mit Norbert Bongartz und Dieter Bartetzko Der Oberkonservator im Ruhestand beim ehemaligen Landesdenkmalamt in Stuttgart und der Architekturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erörtern den denkmalpflegerischen Umgang mit dem Hauptbahnhof Stuttgart im Zusammenhang mit »Stuttgart 21«. Teilnahme 2,50 €, zzgl. Eintritt 

 

Samstag, 16. April, 16 Uhr 

Der Bahnhof von Bagdad. Orientalismen am Stuttgarter Hauptbahnhof. Vortrag von Marc Hirschfell 

Der Architekturhistoriker deckt überraschende Bezüge des Stuttgarter Hauptbahnhofs in den Orient auf: zur Stadtmauer von Konstantinopel, zum Turm von Babylon und sogar zu persischen Moscheen. Teilnahme 2,50 €, zzgl. Eintritt 

 

Samstag, 30. April, 9 Uhr an der Haltebucht der Staatsgalerie Stuttgart, 10 Uhr an der Kunsthalle Tübingen 

Abriss oder Würdigung: Paul Bonatz und sein Werk. Busfahrt zu Bonatz-Bauten 

Nach dem Besuch der Ausstellung und der Tübinger Universitätsbibliothek geht die Fahrt über die denkmalgeschützten Otto-Konz-Brücken in Heilbronn und entlang der Stauwerke am Neckar zur Bonatz-Villa in Stuttgart. Am Hauptbahnhof endet der fachkundig begleitete Ausflug. Preis pro Person 75 €, Buchung bei der Agentur für Kunstvermittlung, Ulrich Weitz, www.reisen-kunstvermittlung.de, Tel.: 0049-711-7657184, Kennziffer KT 76 

 

Samstag, 7. Mai, 16 Uhr 

Leben und Bauen. Kaminfeuer des IRGE Stuttgart in der Kunsthalle Tübingen 

Die Kaminfeuer-Gespräche der Professoren Markus Allmann, Gerd de Bruyn, Arno Lederer und Klaus Jan Philipp des Instituts für Raumkonzeptionen und Grundlagen des Entwerfens der Universität Stuttgart sind längst eine Institution. Nun knistert das Kaminfeuer ausnahmsweise in der Kunsthalle Tübingen. Thema ist hier auch im Hinblick auf Bonatz das Verhältnis von Macht und Architektur. Es soll die Frage erörtert werden, welche Rolle die Person eines Architekten bei der nachträglichen Beurteilung seiner Bauten spielen kann. Teilnahme 2,50 €, zzgl. Eintritt, für Studierende des IRGE frei 

 

Mittwoch, 11. Mai, 20 Uhr 

Was passiert mit Bonatz' Bahnhof? Vortrag von Boris Palmer 

Der Oberbürgermeister von Tübingen und Kritiker von »Stuttgart 21« spricht über die städtebaulichen Perspektiven rund um den Stuttgarter Hauptbahnhof. Eintritt: 7,50 €, ermäßigt 5,50 € 

 

Samstag, 14. Mai, 16 Uhr 

Verkehrsbauten und Stadtplanung. Vortrag von Meinhard von Gerkan 

Durch die Flugterminals in Berlin, Hamburg und Stuttgart oder den Berliner Hauptbahnhof, aber auch durch das Fußballstadion in Kapstadt und durch Großprojekte in China ist das Architekturbüro von Gerkan, Marg + Partner weltberühmt geworden. Auch für Stuttgart 21 haben die Hamburger Planer 1994 einen Entwurf abgegeben. Meinhard von Gerkan, Gründungspartner des Büros, berichtet über seine Stuttgarter Erfahrungen und weitere Projekte. Teilnahme 2,50 €, zzgl. Eintritt 

 

KATALOG 

Paul Bonatz 1877 -1956, Tübingen und Berlin: Ernst Wasmuth Verlag, 2010, hg. v. Wolfgang Voigt und Roland May, mit Beiträgen von Uwe Bresan, Burcu Dogramaci, Hartmut Frank, Marc Hirschfell, Claus Käpplinger, Karl Kiem, Roland May, Joaquín Medina Warmburg, Matthias Roser, Philipp Sturm, Wolfgang Voigt sowie einem umfangreichen Werkverzeichnis, 320 Seiten