Dienstag, 30. Oktober 12

Offener Brief an den Rektor der Universität Stuttgart


Dipl. Ing. Peter Dübbers Freier Architekt BDA


OFFENER BRIEF an

Herrn Prof. Dr. Ing. Wolfram Ressel
Rektor der Universität Stuttgart

Stuttgart, den 25. Oktober 2012

Ehrensenator Dr. Ruediger Grube (?)


Sehr geehrter Herr Professor Ressel,

in 3 Wochen - am 16.11.2012 - wird die Universität Stuttgart im Rahmen ihrer Jahresfeier 2012 die Ehrensenatorwürde an Herrn Dr. Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG verleihen.

Genau 60 Jahren zuvor - am 6.12.1952 - hat die Technische Hochschule Stuttgart, aus der die Universität Stuttgart hervorgegangen ist, den Architekten Prof. Dr. e.h. Paul Bonatz (1877-1956) anlässlich seines 75. Geburtstags zum Ehrenbürger ernannt (siehe Anhang).

Worin besteht nun der Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen?

Paul Bonatz hat von 1908 bis 1943 als bedeutender Architekturlehrer und durch seine beispielhaften Bauten die berühmte "Stuttgarter (Architektur-) Schule" vor dem 2. Weltkrieg maßgeblich geprägt. Herausragend in seinem Lebenswerk und für die "Stuttgarter Schule" war der zu Recht als Bau- und Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung anerkannte Stuttgarter Hauptbahnhof (1914-1928).

Rüdiger Grube ist als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG mitverantwortlich für die Teilzerstörung dieses Wahrzeichens Stuttgarts im Zuge der Vorbereitung für das Tiefbahnhofprojekt "Stuttgart 21". Er hat das "Jahrhundertprojekt" zwar nicht erfunden, steht aber eindeutig dahinter und hat die Gelegenheit zum Ausstieg über ehrliche Kosten 2009 bewusst verstreichen lassen. (Sein Vor-Vorgänger Johannes Ludewig war da mutiger!)

Als Enkel und Erbe von Paul Bonatz frage ich Sie:

Sind der Universität diese Fakten nicht bewusst, oder geht das "fundraising" - die Drittmittelbeschaffung - allen skrupelbehafteten Bedenken vor?

Vielleicht sind die Aufträge der DB AG mit ihrer Monopolstellung für Ihr Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen tatsächlich überlebenswichtig (bis hin zu gelegentlichen Gefälligkeitsgutachten). Rechtfertigen sie aber eine derartige, posthume Brüskierung eines wesentlich verdienteren, ehemaligen Mitglieds der Hochschulgemeinschaft?

Ich glaube nicht, dass Herr Grube die Ehrensenatorwürde zur Bedingung für weitere Zusammenarbeit der DB AG mit der Universität Stuttgart gemacht hat, sehe darin eher einen unnötigen, für mich äußerst befremdlichen Akt des vorauseilenden Gehorsams.

Mit freundlichen Grüßen

Dübbers


 
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